Storytime Kapitel 1: Wie alles begann.

Storytime Kapitel 1: Wie alles begann.

Fröhliches und ausgelassenes Stimmengewirr hallte durch die engen Gassen dieses zuweilen verschlafenen kleinen Dorfes in der Normandie. Einmal im Jahr - wenn der Sommer warme Abende mit sich brachte und nur eine leichte Brise vom Meer her wehte - tummelten sich die Menschen überall um zahlreiche Stände herum, aßen, tranken und unterhielten sich über Gott und die Welt.

Das Altstadtfest war eine Sensation für alle, die im Umkreis des Dorfes lebten, doch ebenso für ferne Verwandte und Freunde, die jenseits der Grenzen der Normandie ihr Heim hatten. An einem der vielen Stände stand Monsieur Gillard und schenkte fröhlich die familieneigene Mischung aus aus Limonade und Gin aus, dessen Grundrezept sein Vater bereits in den 1920er Jahren entwickelt hatte.

Wobei damals noch kein Alkohol enthalten war, erinnerte sich Monsieur Gillard, als er einem jungen Mann mit erwartungsvollem Blick ein gefülltes Glas mit dem - wie es manchmal genannt wurde - flüssigen Gold in die Hand drückte. Angefangen hatte es mit einem kleinen Limonaden-Stand und einer wilden Mischung aus Zitrusfrüchten und Kräutern, der den Dorfbewohnern eine wunderbare Erfrischung bot, wenn sie versuchten, vor der stehen gebliebenen Hitze in den engen Gassen zu entkommen.

Das Rezept war in den Augen von Monsieur Gillard bereits ein Kunstwerk für sich; indem er Gin beimischte gab er diesem nur noch eine eigene Note. Und diese Note war besonders beliebt auf dem Stadtfest, wo er das Getränk fortan jährlich ausschenkte. Monsieur Gillard blickte sich um und stellte beschwingt fest, dass die Menschen sich um seinen Stand herum in lebhafte Unterhaltungen warfen und vergnügt lachten. Ihn interessierte es nicht, dass sein Stand der beliebteste war - auch wenn das natürlich ein wunderbares Kompliment für sein Familienerbe war. Er liebte es zu sehen, welche Wirkung er auf seine Mitmenschen haben konnte, er liebte es, sie fröhlich zu sehen. Hier und da erhaschte er einige Wortfetzen und hörte die Leute über existentialistische Philosophien und ihren Zusammenhang zur dadaistischen Kunst diskutieren.

Monsieur Gillard liess seinen Blick über die Menge gleiten und blieb an dem jungen Mann hängen, dem er wenige Momente zuvor ein Glas in die Hand drückte. Obwohl das Licht der Abendsonne mittlerweile nur noch fahl in die Gassen fiel und die Menschen langsam in herumwandernde Schatten verwandelte, konnte er die Augen des jungen Mannes begeistert leuchten sehen. Ihre Blicke kreuzten sich für einen Moment, dann setzte sich dieser in Bewegung und ging entschlossen auf Monsieur Gillard zu...

By Cornelius Schätz